Die moderne ungarische Musik lässt sich in Form eines riesigen und klar erkennbaren Gebirges darstellen, dessen drei Hauptgipfel die Namen von Béla Bartók, György Ligeti und György Kurtág tragen. Diese drei haben die Musik in ihrem Land in bisher unbekannte Höhen geführt. Das charakteristische ungarische musikalische Idiom hatte bereits Eingang in den Stil der Wiener Klassik gefunden und erreichte den Höhepunkt seiner Popularität in den Werken von Franz (Ferenc) Liszt und Johannes Brahms. Doch erst in der modernen Klangsprache ist es den Komponisten gelungen, die ungarische Musik ohne stilistische 'Zensur' zu assimilieren, ihre widerspenstigen, archaischen Modalitäten und scharfen Rhythmen herauszuarbeiten (deren polnische Entsprechungen nur in der Musik der Tatra-Hochlandbewohner zu finden sind, die das ehemalige Grenzgebiet zwischen Polen und Ungarn bewohnen). Die ungarische Folklore schöpfte ihren Reichtum auch aus der schieren Weite des ungarischen Teils der österreichisch-ungarischen Monarchie vor dem Ersten Weltkrieg. Wie im Falle Polens, wo viele der führenden Künstler im so genannten östlichen Grenzland geboren wurden, stammen alle drei Klassiker der ungarischen Musik des 20. Jahrhunderts aus den Gebieten, die durch den Vertrag von Trianon 1920 an Rumänien fielen.