Geheimnisvoll wirkt schon ihre Entstehung: Handschriften der Toccaten von Johann Sebastian Bach sind nicht überliefert. Man nimmt aber an, dass die Werke in den Jahren seiner Arnstädter und frühen Weimarer Zeit komponiert wurden, als Bach sich allmählich zu einem namhaften Organisten heraufarbeitete. Und es ist kein Wunder, dass er dabei gerade die Toccata zur Spielwiese seiner Entwicklung wählte: Seit den Tagen des Römers Girolamo Frescobaldi war die Toccata eine Art musikalisches Labor, in dem man ungestraft alles ausprobieren konnte. Da stehen virtuos glitzernde Improvisationen neben strengen, aber überaus energetischen Fugen, expressive Arien finden sich neben munter-volkstümlichen Tänzen. So hat Bach mit großer Freiheit unterhaltsame Suiten oder Potpourris zusammengestellt, die er aber immer unter großen dramatischen Bögen atmen lässt.
Jonathan Ferrucci ist sich jedenfalls sicher, dass die Toccaten zu den interessantesten Klavierwerken von Bach gehören. »Er sprudelt über vor Ideen und schafft immer dann abrupte Kontraste, wenn man sie am wenigsten erwartet. Es gibt da diese wilde, jugendliche Energie, mit der er alle Affekte und Formmöglichkeiten der damaligen Musik erforscht. Und mir kommt es beim Spielen vor, als würde ich die Musik zusammen mit Bach im Moment komponieren – das liegt an dieser unglaubliche Spontaneität und seiner Lust an der Erfindung.»
Schon in seiner Kindheit, die – geboren in Florenz als Sohn italienisch-australischer Eltern – von der glorreichen Geschichte der Renaissance und des Barock sowie der landschaftlichen Weite Australiens geprägt war, hat Ferrucci Bach gespielt und geliebt.