An Reichhaltigkeit und Vielfalt der äußeren Gestalt wie des inneren Ausdrucks und entsprechend hohen Ansprüchen an den Interpreten kommt wohl kaum ein Klavierwerk dem weitgespannten hochromantischen Klavierzyklus Années des Pelerinage von Franz Liszt gleich.
Trotzdem ist es fast erschreckend, wie wenige Aufnahmen – nämlich fast gar keine – (geschweige denn Konzertaufführungen) es vor allem von den namhaften Pianisten der jüngeren Generation davon gibt. Der Grund dafür muss der Anspruch an die Imaginationskraft des Künstlers an den Tasten sein, der gewagt und aufregend verschiedenartige Seelenlandschaften entwerfen können muss.
Die Gestaltungsfantasie des Klavierkomponisten Liszt war hier auf ihrem Zenit, und wie der Liszt-Kenner Alfred Brendel sagte, hat seine Musik die Eigenschaft, die Schwächen seiner Interpreten gnadenlos offenzulegen, nicht nur die der Technik, sondern vor allem die der Glaubwürdigkeit des Ausdrucks.
Von solchen Schwächen kann keine Rede sein bei dem immer noch jungen, aber schon weithin und nachhaltig anerkannten Francesco Piemontesi, mit dem ORFEO sich freut, als erste Aufnahme den ersten Band dieses Zyklus zu veröffentlichen. Als schönes Kompliment kann man den Beihefttext des unter Kennern für seine umfassende Erfahrung und Originalität geschätzten Piero Rattalino auffassen, der einen anregenden Essay zum Werk beisteuert.
Der zweite Ritterschlag ist die Begleitung dieser Einspielung durch eine als DVD beigefügte Filmdokumentation von keinem Geringeren als dem legendären Bruno Monsaingeon, der selber durch zahlreiche Filmportraits, vor allem aber mehrere mit Glenn Gould und Svjatoslav Richter Filmdokumentationsgeschichte geschrieben hat.