Aus Sicht des 21. Jahrhunderts ist kaum zu ermessen, welch hohen Rang seine Zeitgenossen dem Komponisten Louis Spohr zugestanden. In den 1830er-Jahren galt er verbreitet und unbestritten als der bedeutendste lebende Komponist. Zudem war Spohr ein bedeutender Violinvirtuose – ein veritabler Superstar seiner Zeit, der als deutscher Gegenspieler des „Teufelsgeigers“ Paganini in Szene gesetzt wurde und mehr als 200 Schüler gehabt haben soll.
Als Komponist stand Spohr aber vor allem seinem erklärten Vorbild Wolfgang Amadeus Mozart nahe. Und obschon er zeitlich als Vertreter der Romantik eingestuft werden kann, blieb Spohr im Prinzip ein Klassizist, der die aufkeimenden Umbrüche seines Zeitalters mit zunehmender Skepsis betrachtete. Zu seinen vier Klarinettenkonzerten, die seit eh und je zu Spohrs beliebtesten Werken gehörten, wurde der Komponist durch die Bekanntschaft mit dem thüringischen Klarinettisten Johann Simon Hermstedt angeregt. Hermstedt wirkte in Sondershausen, einer Stadt im Kyffhäusergebirge, die aufgrund ihrer vorzüglichen „Fürstlichen Kapelle“ bis ins 20. Jahrhundert hinein viele prominente Musiker anzog.
Die ausgesprochen virtuosen Klarinettenkonzerte sind bis heute eine Herausforderung für jeden Klarinettensolisten geblieben, da sie Spohrs Blick auf die Form des Solokonzerts als Projektionsfläche für die Zurschaustellung spieltechnischer Fertigkeiten in idealtypischer Symbiose mit dem poetisch-lyrischen Gehalt der Musik widerspiegeln.