Die Musik des iranischen Komponisten Elnaz Seyedi fordert den Hörer heraus, vielschichtige und subtile Klänge zu entdecken, oft an der Grenze der Wahrnehmung. Seyedis Kompositionen zeichnen sich durch das gleichzeitige Vorhandensein von Gegensätzen wie den weit auseinander liegenden Registern der Instrumente und der Spannung zwischen Fragment und Kontinuum, Entwicklung und Stillstand, tonaler Abstraktion und rätselhaften Beziehungen zu außermusikalischen Inhalten aus. Besonders auffällig sind die Anleihen an die Poesie, die oft den intellektuellen Nährboden ihrer Werke bilden, wie zum Beispiel in „Nach neuen Meeren“ für Klarinette und Akkordeon, das für das Duo Zöllner-Roche geschrieben und von diesen interpretiert wird. Es basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Friedrich Nietzsche. Das Gemälde „Die Sonne“ von Edvard Munch wiederum inspirierte Seyedi zu dem Ensemblewerk „A sun of one's own“. Feinste Farbabstufungen und eine nicht wahrnehmbare Aufhellung werden hier vom Kommas Ensemble wiedergegeben. Neben traditionellen Instrumenten experimentiert die Komponistin in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Ehsan Khatibi in dem musikalisch-szenischen Werk „PS-nach Spuren“, das als Online-Video in dieses Porträt integriert ist, auch mit ungewöhnlichen Klangerzeugern wie Spachtel in verschiedenen Größen und Tonhöhen. In der Interpretation von „fragments inside“ durch das Ensemble Musikfabrik sind spezielle Instrumente des Mikrotonalitäts-Pioniers Harry Partch zu hören.