Unter Händels siebzehn englischen Oratorien ist Theodora (1750) einzigartig. Die Geschichte ist nicht der Bibel entnommen, handelt aber von einer christlichen Märtyrerin. Die Merkmale des Oratoriums sind sehr negativ: Es gibt keinen nationalen Triumph und endet nicht in Freude, Held und Heldin sterbeh, die Gemeinschaft, mit der sich das Publikum identifiziert, ist in Lebensgefahr, und der Schlusschor steht in einer Molltonart. Als Musikdrama kann dieses Werk als ein direkter Vorfahre der „Dialogues des Carmélites“ gesehen werden. Im Alter von 65 Jahren schuf Händel ein Werk, das für die meisten seiner Zuhörer damals zu radikal und komplex war. Heute gilt Theodora als dramatisches Oratorium, das quasi als "Oper für den denkenden Menschen" sowohl zutiefst anregend als auch kraftvoll bewegend ist.